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Argumente und Fakten zu diversen Klischees betreffend Russland15.05.2020

Dr. Peter Presinger, 8010 Graz:

 

Argumente und Fakten zu diversen Klischees betreffend Russland

 

Gedanken zu einigen  mehrmals aufgestellten Behauptungen und Klischees zum Thema „Russland“ und Versuche zu deren Relativierung durch Darlegung relevanter und überprüfbarer  Fakten (begonnen im Sommer 2013, ergänzt  und abgeschlossen 2020)

 

 

  • Russland ist keine Demokratie, es herrscht dort keine Meinungsfreiheit.

 

In Russland sind seit dem Ende der sowjetischen Periode deutlich  mehr als zwei Jahrzehnte vergangen. Das Land befindet sich heute zweifellos auf dem Weg zu demokratischen Strukturen, wenn auch nicht bereits heute eine Demokratie nach unseren Vorstellungen ( die übrigens  in mehrfacher Hinsicht kritisch zu hinterfragen wären !)  in allen Belangen erreicht ist. Man kann auch die Frage stellen, ob unsere Vorstellungen und Maßstäbe zum Thema „Demokratie“ die richtigen sind.

Die Meinungsfreiheit in Russland ist heute jedenfalls um Größenordnungen besser gewährleistet, als dies in der ehemaligen UdSSR oder in Österreich während der Ersten Republik der Fall war.

Jedem Land muß zugebilligt werden, eigene spezifische demokratische Strukturen zu entwickeln.

Dabei wird eine pragmatische Vorgangsweise ( auch die Medien betreffend ), welche die Besonderheit des Landes und seiner Menschen berücksichtigt, am ehesten zum Erfolg führen.

Medienfreiheit kann nur dort Nutzen für die Gesellschaft bedeuten, wenn eben diese Gesellschaft den Umgang mit den Medien gelernt hat und wenigstens ansatzweise beherrscht.

Die Demokratieformen wie auch die Medienlandschaften der westeuropäischen Staaten zeigen sehr verschiedene Ausprägungen und sind nicht immer und unbedingt miteinander vergleichbar.

In Österreich waren nach dem Ende der Habsburgermonarchie zunächst durchaus  zarte demokratische Ansätze vorhanden, diese wurden jedoch z.B. durch österreichische Kanzler wie Seipel,  Dollfuß und Schuschnigg  sehr rasch und vielfach äußerst brutal ad absurdum geführt. Medien- und Meinungsfreiheit waren damals jedenfalls sehr eingeschränkt bzw. nicht vorhanden.

Und in Deutschland war es nach dem Ende des Kaiserreiches kaum anders, von echter Demokratie konnte auch hier keine Rede sein.

In beiden Ländern beherrschten paramilitärische Formationen die Straßen und den Alltag, Konflikte wurden häufig gewaltsam ausgetragen, sogar gewählte Abgeordnete wurden gelegentlich  „rechtmäßig“  hingerichtet oder ermordet.

Und in den Jahren 1933 in Deutschland bzw. 1938 in Österreich versank alles im braunen Sumpf einer für Europa  beispiellosen Diktatur, deren Nachwirken in vielen geistigen Strukturen auch nach 1945 nicht wirklich rasch und effizient beendet werden konnte.

Dies alles sollte man bedenken, wenn man in Westeuropa meint, über die gegenwärtig vielleicht etwas zögerlich scheinende  demokratische Entwicklung Russlands urteilen zu müssen.

Gemessen an unserer eigenen Geschichte möchte ich sagen, daß Russland sich auf einem pragmatischen, der Größe des Landes angemessenen und daher etwas bedächtigen aber mittelfristig eindeutigen und schon heute erkennbar wirksamen Weg ( mit gelegentliche Stolpersteinen und Rückschritten ) zu demokratischen Strukturen befindet.

Es ist nicht unbedingt sinnvoll, wenn man in Westeuropa meint, der Bevölkerung der Russischen Föderation mit erhobenem Zeigefinger Demokratie beibringen zu müssen.

Diese entwickelt sich dort wesentlich rascher und konfliktfreier, als dies nach dem Ende der Monarchien 1918 in Österreich und Deutschland der Fall war. Demokratische Strukturen entwickeln sich, man kann sie nicht anordnen.

Ich denke, die Menschen in Russland haben ein gutes Gespür dafür, was nötig und zu tun ist; sie sind jedenfalls  selbstbewußt und klug genug, um auf selbsternannte westeuropäische oder transatlantische Oberlehrer und sogenannte Experten in Fragen der Demokratie verzichten zu können.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  • Die Rote Armee hat sich 1945 schwerer Übergriffe – vielfach durch eigene Propaganda unterstützt – schuldig gemacht.

 

Es kann nicht bestritten werden, daß es in Österreich im Jahre 1945 zu vielen, teils sehr schweren Übergriffen durch Angehörige der alliierten Streitkräfte kam.

Völlig falsch bis absurd ist die vielfach verbreitete Meinung, daß besonders die Rotarmisten hierbei einem von Rachsucht erfüllten Aufruf des Schriftstellers Ilija Ehrenburg oder gar Befehlen der sowjetischen Armeeführung gefolgt seien. Das sowjetische Oberkommando hatte den Angehörigen der Roten Armee jegliche Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung strikt verboten und solche Verbrechen mit strengen Strafen bis hin zur Todesstrafe  bedroht und auch verfolgt.

( Meine Mutter arbeitete nach Kriegsende als Dolmetscherin an der Sowjetischen Kommandatur in Neunkirchen und hat dies auch aus eigener Erfahrung bestätigt.)

Interessantes Detail: in der Salzburger Kronenzeitung vom 29. April 2005 berichten Historiker und Zeitzeugen, daß es etwa  in Salzburg durch amerikanische (!) Soldaten drei Tage hindurch offiziell tolerierte ( !!! ) Plünderungen gab, es wird auch über Vergewaltigungen seitens der US – Truppen berichtet. Interessant sind auch die Recherchen der Journalistin und Historikerin Myriam Gebhardt zum Thema „die Verbrechen der Befreier“, es wird sehr empfohlen, sich diesen Beitrag (etwa auf YouTube anzusehen). Gebhardt’s Zahlenmaterial zeigt eindeutig, daß etwa die Fälle von Vergewaltigungen durch Truppen aller vier Alliierten in durchaus vergleichbaren (!!!) Größenordnungen liegen.

Daß es im Zuge von kriegerischen Auseinandersetzungen und dem damit verbunden Wegfallen ethischer Normen und moralischer Grenzen weltweit durch Armeeangehörige bis zum heutigen Tag immer wieder zu Gewalttaten gegen die Zivilbevölkerung kommt, ist bekannt.  

( Die seinerzeitigen Vorfälle im Irak sind etwa traurige Beispiele hierfür.)

Das vielfach verbrecherische und abscheuliche Verhalten von einzelnen Einheiten bzw. Angehörigen der Deutschen Wehrmacht (ganz abgesehen von den unzähligen und unfaßbaren Verbrechen der berüchtigten „Einsatzgruppen“) im Zweiten Weltkrieg gegen sowjetische Bürgerinnen und Bürger  ist ebenfalls kein Geheimnis; man muß sich nur die Mühe machen, die entsprechenden Berichte zu lesen und zu reflektieren. So ist zum Beispiel die fast 900-tägige Belagerung Leningrads durch die Hitlertruppen im Westen kaum bekannt. Dieses Grauen eines der vielen Kriegsverbrechen der damaligen Deutschen Wehrmacht kann man nur erahnen, wenn man bereit ist, sich mit der historischen Faktenlage zu beschäftigen.  Und diese Bereitschaft ist bedauerlicherweise vielfach im Westen kaum vorhanden.

Das erklärte Ziel des NS-Vernichtungskrieges gegen die UdSSR war die Vernichtung eines großen Teiles der sowjetischen Bevölkerung und die Versklavung des verbleibenden Restes.

Entlarvend, erschütternd und charakteristisch für jene Zeit sind etwa die Briefe des Polizeisekretärs Walter Mattner,  im Oktober 1941 aus Mogilew an seine Frau, die man mit Mausklick sofort finden kann.

Oder man studiere das Werk „Abgehört“ des Historikers Prof. Sönke Neitzel, um nur zwei Beispiele unter vielen zu nennen. Es sind dies Beweise einer grauenhaften, unfaßbaren und absolut menschenverachtenden Haltung in der damaligen deutschen Polizei, SS und Wehrmacht gegenüber den Menschen im Osten und den Juden.

Die Bereitschaft Russlands in den letzten Jahrzehnten, den Zugang zu bisher geheimen Archivmaterialien zu ermöglichen, hat eine große Fülle an neuen Erkenntnissen zur damaligen Zeit gebracht.

Die Antirusslandhetze der Nazis hatte in der NS-Zeit große Wirkung gezeigt, und ihre Auswirkungen sind bis in die heutige Zeit bedauerlicherweise vereinzelt  noch spürbar.

Es darf daran erinnert werden, daß von ca. 6 Millionen sowjetischer Kriegsgefangener etwa 3 Millionen in deutschen Lagern ermordet wurden, bzw. durch rücksichtslose Ausbeutung, Hunger, Kälte, Krankheiten, Folter und medizinische Experimente ums Leben kamen. Auch dieses zeigt deutlich, wie brutal und unmenschlich der NS- Vernichtungskrieg gegen die UdSSR und deren Bevölkerung ( im damaligen Nazipropagandajargon sogenannte „UNTERMENSCHEN“) geführt wurde.

Verbrechen von Wehrmachtsangehörigen gegen sowjetische Zivilisten wurden nicht geahndet.

Durch den Besuch der Ausstellung „Verbrechen der Deutschen Wehrmacht“, konnten sich auch „Lesemuffel“ Informationen und Eindrücke über das damals vor allem im Osten Geschehene beschaffen. ( Es ist übrigens zu sagen, daß diese Ausstellung nicht die gesamte Wehrmacht als Urheber von Kriegsverbrechen darstellt !)

Die Briten hatten im Krieg schwer unter den Bombardierungen zu leiden, die auch sehr viele Opfer forderten, in Frankreich gingen die Hitlertruppen ebenfalls teilweise sehr brutal und keineswegs mit Glacehandschuhen vor, die Verbrechen der SS etwa in Oradour sind dafür traurige Beispiele, die Amerikaner hatten in ihrem Land überhaupt nicht direkt unter  den Kriegsauswirkungen zu leiden.

In der UdSSR kam es hingegen zu den grauenhaftesten Auswirkungen des von der NS-Führung  erklärten Vernichtungskrieges gegen die UdSSR und deren Bevölkerung,  und die Rotarmisten wurden auf ihrem Vorstoß nach Westen laufend mit den Ergebnissen der von den Hitlertruppen begangenen Gräueltaten und Verbrechen unmittelbar konfrontiert.

( Dies entschuldigt nichts, erklärt aber vielleicht so manches.)

Gewalttaten gegen Zivilisten sollen und dürfen nicht entschuldigt oder wegdiskutiert werden; sie sind stets als das zu sehen, was sie sind: schärfstens zu verurteilende Verbrechen gegen Unschuldige und Unbeteiligte.

 

  • Wladimir Putin ist ein undemokratischer Politiker.

 

Nach der Präsidentschaft des Boris Jelzin stand Russland in vielfacher Beziehung ohne erkennbare positive Perspektiven vor bzw. an einem Abgrund.

Wladimir Putin gelang es, zunächst ein Mindestmaß an Ordnung zu schaffen und den Menschen wieder Hoffnung zu geben und Perspektiven zu zeigen. Daß er aus den Reihen des KGB kam, dessen Strukturen und Mechanismen er verstand und selbstverständlich nutzte, ist durch den dadurch gegebenen und erfolgsorientierten Handlungsspielraum  eher positiv zu sehen.

Hätte Putin durch ein Referendum ( wie sein Amtskollege Lukaschenko in Weißrussland ) sich weitere Amtsperioden zu sichern versucht, wäre ihm das bei seiner hohen Akzeptanz in der Bevölkerung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gelungen. Daß er dies nicht versucht hat, ist ein Zeichen für einen durchaus machtbewußten, aber auch auf dem Boden der Verfassung stehenden Politiker.

Putins Vorgänger Jelzin und Gorbatschow sind zwar keinesfalls miteinander zu vergleichen, beide Herren waren bzw. sind in Westeuropa sehr beliebt und geschätzt. Für Russland haben sie aus der Sicht der einheimischen Bevölkerung  kaum oder nichts Positives geleistet.

Es ist vielleicht ein gewagter Umkehrschluß, aber daß Putin in Westeuropa oft eher kritisch gesehen wird, liegt eventuell auch daran, daß er für Russland wichtige, richtungweisende und von der Bevölkerung sehr positiv gesehene Akzente setzt und gesetzt hat.

Man könnte Wladimir Putin als Pragmatiker mit wertkonservativer Grundhaltung bezeichnen, der allen – auch seriösen – Meinungsumfragen zufolge immer noch relativ hohe Popularitätswerte in der Bevölkerung besitzt. Man erlebt diesen Politiker in Russland medial als durchaus charismatisch,  machtbewußt und glaubhaft und als Persönlichkeit, von der man konkrete Aussagen hört und keine nichtssagenden gedrechselten Worthülsen, wie vielfach in Westeuropa.

Daß in Russland nicht genehmigte Demonstrationen oft gewaltsam aufgelöst werden, ist ein Faktum.

Man sollte sich aber, wenn man meint, sich darüber ereifern zu müssen, die Bilder vom seinerzeitigen Gendarmerieeinsatz in der Hainburger Au oder ähnliche Polizeieinsätze bei unseren Nachbarn zu Gemüte führen.

Die Zukunft wird zeigen, ob und was von den geplanten Programmen und Reformen in der Russischen Föderation künftig praktisch umgesetzt werden wird.

Die vielfach zunehmend geäußerte Kritik an Putin ist eine Tatsache, mit der sich auch jede andere in der Politik über längere Zeit aktive Persönlichkeit auseinandersetzen muß. Hier ist Putin sicher kein Ausnahmefall. Er sollte und wird wohl auch ( dazu ist er genügend Pragmatiker ) aus den Protesten seine Schlüsse ziehen und mit gesundem Sinn für Realitäten darauf reagieren müssen.

Wladimir Putin ist möglicherweise nicht der „lupenreine“ Demokrat, wie ihn Herr Schröder nannte. Ich vermute, im Westen werden nur dann russische Präsidenten als „lupenreine Demokraten“ gesehen, wenn sie westlichen Wünschen und Vorstellungen entsprechen.

( Es sei die Frage gestattet, welcher westliche Politiker selbst wirklich lupenreiner Demokrat ist.) Aber Putin ist der von der Bevölkerung mit sehr deutlicher Mehrheit gewählte Präsident, auch wenn es bei der Wahl vielleicht gewisse kleinere Unregelmäßigkeiten gegeben haben mag. ( Aber wie war es doch im Jahre 2000 in den USA, als Bush und Al Gore als Kandidaten zur Wahl anstanden???  Schon vergessen??? )

Die Bevölkerung Russlands hat von den verfügbaren Kandidaten jenen gewählt, der ihr am ehesten qualifiziert erschien. Und das ist absolut zu respektieren.

Putin ist ein Kind seiner Zeit und der historischen Umstände. Und er ist vielfach eine bequeme Zielscheibe für jene, denen Hinterfragen und Recherchieren mühsamer ist, als einfache und plakative Botschaften zu verbreiten bzw. damit ein eigenes Süppchen zu kochen.

Ein Beispiel sind etwa die Pussy Riots. Putin hatte sich seinerzeit für Milde ausgesprochen, Medwedew hat danach laut über Amnestie nachgedacht. Was wird bleiben? Die drei Frauen werden vermutlich nicht ihre 2 Jahre absitzen, sondern bald frei sein, evtl. ins Ausland gehen und keinerlei materielle Sorgen mehr haben, sondern ihre unbezahlbare weltweite publicity nutzen können. Weiß man und bedenkt man bei Kritik an dem Urteil, daß einflußreichen Kreisen der orthodoxen Kirche und vielen russischen Bürgerinnen und Bürgern die verhängten 2 Jahre bei weitem zu gering erscheinen? Und was würde wohl passieren, wenn in einer türkischen Moschee drei Frauen Spottlieder über Herrn Erdogan singen würden? Ob die mit nur 2 Jahren davonkämen??? Ob der weltweite Aufschrei in diesem Fall ebenso heftig wäre, wie bei den Pussy Riots???

Ständige Besserwisserei und ein erhobener Zeigefinger des Westens kann eher kontraproduktiv für Russlands Weg der Demokratisierung sein.

Die Russische Föderation, die sich über etliche Zeitzonen und von polaren bis in fast mediterrane Klimazonen erstreckt, zu regieren, erfordert gewiß auch eine gänzlich  andere Strategie und Praxis  in der Handhabung der Verwaltung, als dies bei mitteleuropäischen Staaten der Fall ist.

 

  • Russische Straftäter und die russische Mafia erhöhen in Österreich die Kriminalitätsrate.

 

Man darf nicht die gesamte osteuropäische organisierte Kriminalität mit dem Begriff der „russischen Mafia“ gleichsetzen. Das wäre zwar eine bequeme, aber völlig unzulässige Vereinfachung der Faktenlage.

In unseren österreichischen Strafanstalten sind zwar relativ häufig russischsprechende „Gäste“ – meistens auch  Inhaber von  Pässen der Russischen Föderation –  zu finden. Man muß aber bedenken, daß in Russland neben der überwiegenden Hauptgruppe der Menschen russischer Nationalität eine Vielzahl auch anderer Volksgruppen bzw. Ethnien leben.  Aus manchen Medienberichten kann man durchaus entnehmen, welche Volksgruppen aus der russischen Föderation oder der ehemaligen UdSSR auffallend häufig in Zusammenhang mit Verbrechen genannt werden.

Angehörige der russischen Nationalität treten in Österreich jedenfalls als Straftäter kaum in Erscheinung!

Ob und inwiefern die in der Wahrnehmung der Menschen steigenden Kriminalitätsraten Ergebnisse einer eher naiven westlichen Asylpolitik sind, soll hier nicht erörtert werden.

 

  • Russische Touristen benehmen sich schlecht und verschrecken andere Gäste.

 

Es mag zutreffen, daß russische Touristen ausgelassen und manchmal etwas zu laut zu feiern pflegen. Besonders jene Personen, die beim Zerfall der UdSSR durch zum Teil sehr dubiose Machenschaften sehr schnell zu sehr viel Geld kamen, waren nicht unbedingt auch mit den Ergebnissen einer guten Kinderstube ausgestattet. Und das fällt bis zum heutigen Tage mitunter besonders im Ausland sehr penetrant auf.

Russen sind von Natur aus gastfreundlich und sehr großzügig – mitunter sogar verschwenderisch.

Da mag manchmal auch die Freude darüber, aus dem Vollen schöpfen zu können und seit über zwei Jahrzehnten auch zu dürfen, sich akustisch deutlich hörbar artikulieren.

Die seinerzeitige Diskussion über eine mögliche „Kontingentierung“ russischer Gäste in Kitzbühel war eine Peinlichkeit sondergleichen und ein österreichischer Schildbürgerstreich der Sonderklasse. Sie hat uns, besonders im Ausland, sehr geschadet.

Eine Schlagzeile aus jener Zeit in einer österreichischen Zeitung „Kitzbühel ist fast russenfrei“ kann man nur als journalistische Infamie oder totale Unfähigkeit im Umgang mit der deutschen Sprache – besonders in Hinblick auf die Diktion des Dritten Reiches – bezeichnen.

Wenn man erlebt hat, wie österreichische oder deutsche Touristen mitunter bei Urlauben im In – und Ausland „feiern“, wird man dem manchmal erhöhten russischen „Lärmpegel“ mehr Toleranz entgegenbringen dürfen.

 

  • In Russland ist die Korruption sehr verbreitet.

 

Einzige Anmerkung: das kann nicht geleugnet werden, aber: „wer selbst im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen“.

 

  • Russland hat die Krim annektiert und ist weiterhin auf Expansionskurs

 

Der ukrainische sehr umstrittene Erzkommunist und sowjetische Parteichef Nikita Chruschtschow hatte seinerzeit im Rahmen der UdSSR die Krim, die jahrhundertelang zu Russland gehört hatte, mit einem Federstrich aus einem nichtigen Anlaß an die Ukraine verschenkt.

2014 wurde die Krim nach einem freien und überzeugenden Referendum und Votum einer deutlichen prorussischen Bevölkerungsmehrheit wieder in den Russischen Staatsverband aufgenommen. Namhafte Rechtsexperten ( z.B. Professor Merkel von der Uni Hamburg ) sagen, dieser Vorgang sei keine Annexion sondern eine Sezession und deshalb keineswegs gegen das Völkerrecht, wohl aber gegen die Verfassung der Ukraine gewesen.

Die ukrainischen Streitkräfte wurden während des Referendums allerdings in ihren Stützpunkten und Kasernen festgehalten, und damit konnte dort ein Bürgerkrieg, wie später in der Ostukraine, verhindert werden.

Zu der vielfach ( und gerne!) kolportierten Meinung, in den Separatistengebieten seien russische Truppen im Einsatz, sagte der ehemalige Generaltruppeninspekteur und hochrangige NATO – General Harald Kujak, daß diese durch keinerlei geheimdienstliche oder andere Erkenntnisse bestätigt werde.  („Wären russische Truppenverbände im Einsatz, dann wäre die Angelegenheit dort innerhalb von 48 Stunden beendet“.)

Am 25.3.2015 berichtete der Chef des französischen Militärgeheimdienstes, General Christophe Gomart, vor dem Verteidigungsausschuss der französischen Nationalversammlung. Der General führte aus, daß es keinerlei geheimdienstliche Erkenntnisse gebe oder gegeben habe, die auf einen von russischer Seite beabsichtigten Einmarsch in die Ukraine hindeuten. Man sei in dieser Frage keinesfalls mit den anderslautenden diesbezüglichen Aussagen der US – Geheimdienste einverstanden und wünsche sich verstärkt französische Präsenz in den entscheidenden Gremien der NATO. (lt. „Deutsche Wirtschaftsnachrichten“)

Es stellt sich auch die Frage, weshalb der Westen nach einem Referendum, wonach die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung der Krim (auch lt. ORF Berichten) die Rückkehr in den Russischen Staatsverband wünschte, jene wirkungs- und sinnlosen Sanktionen verfügte. Es war eine Rückkehr der Krim zu Russland praktisch ohne Waffengewalt und Tote.

Joe Biden, Vizepräsident unter Obama sagte im Herbst 2014 sinngemäß an der Harvard-Universität, daß die europäischen Staaten die Sanktionen gegen Russland nicht wollten, auf Druck der USA aber dann doch zustimmten. Sollte uns das nicht massiv zu denken geben???

Wie war es doch, als die USA und England seinerzeit ohne jedes UNO-Mandat und ohne bewiesene (eher herbeigelogene!)schwerwiegende Gründe den Irak verbrecherisch und völkerrechtswidrig angriffen und dabei über 100.000 Menschen zu Tode kamen?  Welche Empörung des Westens oder Sanktionen gegen die Angreifer gab es damals???

 

  • Russland mißachtet die Menschenrechte

 

Die seinerzeitigen umfassenden Boykottmaßnahmen gegen die Olympiade inSotschi wegen angeblich homophober Gesetze in Russland waren ein deutliches Beispiel für westliche Heuchelei und das Messen mit zweierlei Maß. Russische Gesetze untersagen im Beisein von Minderjährigen die Werbung für gleichgeschlechtliche Sexualität. Welche Boykottmaßnahmen gegen die USA gab und gibt es, als das outing von gleichgeschlechtlichen Armeeangehörigen kürzlich noch mit Strafe bedroht war, oder wenn z.B. im Staat Indiana es ab April 2015  per Gesetz Lokalbesitzern erlaubt wurde, Homosexuelle aus dem Lokal zu weisen?

Wie sieht es mit der Todesstrafe aus, die in Russland nicht mehr vollzogen wird, anderswo hingegen sehr wohl?

Wie war das doch mit  einem Herrn Michail Chodorkowski, den man im Westen als Märtyrer und politisch Verfolgten hochgejubelt hat, und dem der Internationale Gerichtshof in Den Haag den Status eines politischen Häftlings verweigert hat? Also doch ein ehemals zu Recht Verurteilter, der heute geläutert sein Leben lebt und seine Strafe verbüßt hat? Es lohnt sich, die Biografie des Michail Ch. Zu studieren, dann wird man viele Dinge besser verstehen.

 

  • Russland hat den Ukrainekonflikt wegen der geplanten EU – Assoziierung provoziert.

 

Russland und die Ukraine sind durch lange historische, kulturelle, wirtschaftliche und soziale Kontakte sehr eng mit einander verbunden.

Es konnte nicht im Interesse Russlands liegen, eine Krise, wie wir sie in der Ukraine erlebt haben und teilweise noch erleben, auszulösen.

Der Konflikt ist durch eine Reihe von zum Teil sehr schwer versteh – und nachvollziehbaren, zum Teil leicht durchschaubaren Mechanismen, Interessenskonflikten und Mißverständnissen ausgelöst und befördert worden.

Die Vorgänge, die auf dem Maidan begonnen hatten, wurden teilweise sehr gezielt gesteuert, teilweise entglitten sie völlig den diversen Akteuren dieses schrecklichen Dramas. Für eine endgültige Bewertung des gesamten Geschehens ist es noch zu früh, Faktum ist jedenfalls, daß Russland entgegen allen diplomatischen Spielregeln in die Ukrainefrage nicht oder kaum eingebunden wurde. Man hat offenbar gar nicht erst versucht, Russlands Position in dieser Frage wirklich zu verstehen. Faktum ist auch, daß jenes Assoziierungsabkommen mit der EU sehr deutliche militärische Akzente und Perspektiven enthält.

Aufgabe der Historiker wird sein, nach Vorliegen aller Erkenntnisse und Klärung der noch ungelösten Fragen ( und deren gibt es viele!) zu einem Ergebnis zu kommen, das alle Aspekte berücksichtigt, alle relevanten Fakten offenbart und allen involvierten Seiten gerecht wird.

Bedauerlicherweise ist von verschiedenen Seiten – auch propagandistisch –  viel „Porzellan zerschlagen“ worden. Es wird Zeit brauchen, bis die Menschen in der Ukraine sowie Russland und die Ukraine wieder vertrauensvoll zu einander finden, ebenso wie die unbedingt nötige Wiederannäherung zwischen Westeuropa und Russland Zeit erfordern wird. Die Erkenntnis, daß man einander braucht, muß wieder in den Köpfen der Menschen und in den Handlungen der Verantwortlichen fühlbar und sichtbar werden.

Ohne oder gegen Russland hat Europa keine Zukunft!!!

Es ist an der Zeit, innezuhalten, zu bilanzieren und aus dem schrecklich hohen Lehrgeld die Konsequenzen zu ziehen.

In weiterer Folge werden wir gefordert sein, gemeinsam und entschlossen jene  Probleme in Angriff zu nehmen, die aktuell massiv existenzbedrohend wirken: blinder Fanatismus und Terror in verschiedenster Art sowie die globale Zerstörung unserer Umwelt.

Ein Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok, kulturell bunt gemischt und mit dem erklärten und gelebten Ziel eines friedlichen und konfliktarmen Miteinander sollte erklärtes Ziel der betroffenen Regionen, Völker und Regierungen sein.

Mittelfristig sollte dieses Ziel bei gutem Willen erreichbar sein.

 

  • Die Russische Regierung steckt hinter der Vergiftung des Agenten Skripal mit Novitschok.

 

Sofort nach dem Vorfall „wußte“ der Westen, insbesondere die britische Premierministerin, daß hier nur Putins Dienste dahinterstecken konnten. Russland konnte aber nicht das geringste Interesse oder Motiv haben, einen aufgeflogenen und abgetakelten Agenten zu neutralisieren.

Die Art des Giftes ( vor beinahe einem halben Jahrhundert entwickelt ) und die Art der Applikation auf einer Türschnalle deuten nicht auf einen professionellen staatlichen Dienst, sondern eher auf halbgebildete  Amateure hin.

Wenn man in Betracht zieht, daß durch Skripals Tätigkeit für die Briten eine beträchtliche Zahl von Personen nun „Gastrecht“ in britischen Gefängniszellen genießt, sollte man eher im sozialen Umfeld (Freunde, Väter, Brüder ) dieser Häftlinge Motive und Tatverdächtige suchen und finden können. Aber das könnte ja die im Westen verordnete und verbreitete Auffassung, Putin sei verantwortlich, ins Wanken bringen.

 

  • Giftgas in Syrien

 

Als vor geraumer Zeit durch Giftgas etwa in einer Schule in Syrien Zivilisten und besonders Kinder zu Schaden und zu Tode kamen, war es sofort für den Westen sonnenklar, daß hier Assad und damit indirekt der ihn unterstützende Präsident Putin beteiligt waren. Der Westen unter US- Führung reagiert unmittelbar darauf mit Bomben und Raketen gegen Syrien. Herr Assad ist gewiß kein Machthaber mit weißer Weste und hat wohl etliches Schreckliches auf seinem Kerbholz.

Aber: wie eine Expertenkommission viele Monate später feststellte, hatte es sich bei dem eingesetzten Gas um Chlor gehandelt. Dieses Gas wurde erstmalig 1916 bei einem Gasangriff im ersten Weltkrieg bei Ypern eingesetzt, später aber durch andere „wirkungsvollere“ Gase ersetzt. Heute gibt es mit Sicherheit weltweit bei keiner Armee Chlorgas als Kampfmittel, also auch nicht bei den Truppen des Herrn Assad.

Chlor ist heute eine allgemein verfügbare Handelsware zum Desinfizieren von Schwimmbädern, Gemüse, Früchten und anderen Dingen. Und es dürfte für Terrororganisationen kein Problem sein, sich dieses Gases zu bemächtigen. Der Schluß aus dieser Faktenlage dürfte also auf der Hand liegen.

 

Die Beispiele der auf sehr wackeligen Beinen  ruhenden Negativklischees zu Russland haben eine lange Tradition und ließen sich noch lange fortsetzen aber auch mit nachprüfbaren Fakten sachlich relativieren bzw. entkräften, sofern man den Mut, die Bereitschaft und das Wissen dazu hat.

Sie begannen vor Jahrhunderten in Polen (Warschau) und wurden damals besonders von deutschen Gelehrten an dortigen Hochschulen sehr gepflegt.

Klischees unüberprüft zu übernehmen und aus Bequemlichkeit weiter zu geben und zu pflegen, ist nicht eben ein gutes Beispiel für selbstständiges Denken.

Die heute medial und vielfach aus Kreisen der Politik veröffentliche Meinung stimmt glücklicherweise immer weniger mit der öffentlichen Meinung überein, und das ist gut so. Seriöse Umfragen haben gezeigt, daß in Österreich die Menschen Russland deutlich mehr Vertrauen entgegenbringen, als den USA.

Russland ist der natürliche Partner West- und Mitteleuropas; wie schon erwähnt: ohne oder gegen Russland hat Europa keine Zukunft.

Gerade in Zeiten wie diesen hilft unser Partner Russland ( wie auch etwa China und andere Länder) Westeuropa sehr massiv mit medizinischem Fachpersonal und Material im Kampf gegen das Coronavirus.

Hilfe aus den USA ist bisher nicht angedacht oder zu erwarten.

Aus einer großen Zahl von Gründen sollten wir diese Partnerschaft zu unserem Nachbarn Russland zum gegenseitigen Nutzen wieder noch energischer und selbstbewußter als bisher festigen und mit neuem Enthusiasmus wieder auf – und ausbauen.

 

Mai 2020, Graz im Coronabewußtsein der Gesellschaft.,

Peter Presinger

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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